Digitales Dilemma und große Fragen auf den MEDIENTAGE MÜNCHEN 2025 – WTFuture?!
Die 39. Ausgabe der MEDIENTAGE MÜNCHEN, die vom 22. bis 24. Oktober 2025 unter dem Motto WTFuture?! stattfand, bot Europas führender Medienfachkonferenz einmal mehr eine Plattform für zukunftsweisende Debatten. In mehr als hundert Sessions, Keynotes und Masterclasses diskutierten Brancheninsider und Brancheninsiderinnen über die großen Umbrüche, vor denen die Medienwelt heute steht – allen voran das Thema künstliche Intelligenz.
Im Zentrum der Aufmerksamkeit stand der AI Summit, der als Top-Event deklarierter Höhepunkt war: Auf der Green Stage ging es um „AI Visions for the Media of Tomorrow“ mit Gästen wie Jannis Brühl (Süddeutsche Zeitung), Elisabeth Gamperl (dpa) und Dr. Richard Socher. (MEDIENTAGE MÜNCHEN)
Ergänzend zu diesem Summit gab es zahlreiche weitere KI-bezogene Formate: Panels zur algorithmischen Informationsauswahl, Masterclasses zu automatisierten Workflows im Journalismus und Workshops zur Verantwortung in KI-gestützten Medienprozessen. Denn die Medienbranche steht heute vor einem digitalen Dilemma: Einerseits eröffnet KI völlig neue Perspektiven und Kommunikationsräume; andererseits geraten klassische Medienbetriebe unter Druck – ebenso wie demokratische Werte und freie Meinungsbildung.

Auf der Konferenz wurden zentrale Fragen gestellt:
>> Welchen Relevanz-Begriff hat KI bei der Informationsauswahl?
>> Wie verändert KI journalistische Arbeitsroutinen?
>> Wer ist moralisch und rechtlich verantwortlich für die Folgen KI-gestützter Entscheidungen?
>> Welche Transparenz muss für Denkmodelle geben, die den KI-Algorithmen zugrunde liegen?
>> Verengen KI-gesteuerte Auswahlprozesse publizistische Vielfalt?
>> Welche Auswirkungen hat KI auf den Arbeitsmarkt?
Und ganz praktisch: Wie können redaktionelle Inhalte finanziert werden, wenn Nutzer:innen verstärkt auf KI-Plattformen wie ChatGPT, Perplexity, Gemini oder Grok zurückgreifen statt auf etablierte Medienmarken?
Interessant war auch der Journalisten-Lunch der appliedAI Initiative, der zu einem Treffpunkt für Fachgespräche rund um Künstliche Intelligenz avancierte. In entspannter Atmosphäre trafen sich Journalist:innen, Medienmacher:innen und KI-Expert:innen, um über die Transformation der Arbeitswelt durch KI-Agenten zu diskutieren.
„KI-Agenten eröffnen enorme Möglichkeiten und werden zu zentralen Werkzeugen in Wirtschaft und Gesellschaft – entscheidend ist, dass wir als Gesellschaft und Unternehmen gemeinsam verstehen, wie wir sie sinnvoll einsetzen.“ – Dr. Andreas Liebl, CEO von appliedAI Initiative GmbH
Die Diskussionen machten deutlich: Technik und Fortschritt allein reichen nicht – ethische und rechtliche Grenzen müssen mitgedacht werden. Und dies trotz hohem Innovationstempo: Die Branche muss rasch Maßnahmen ergreifen, um ihre Spielregeln in einer demokratischen Gesellschaft KI-tauglich zu machen.

Während etwa der Staatsminister für Kultur und Medien, Dr. Wolfram Weimer, eine Digitalabgabe für digitale US-Plattformen forderte, warnte Bayerns Ministerpräsident Dr. Markus Söder vor einer Überregulierung jenseits von Kennzeichnungs- und Haftungspflichten – aus Sorge, Innovationen könnten dadurch gebremst werden.
Spannend war dabei weniger die Frage ob KI Einfluss nimmt, sondern wie.
Die Vielzahl von Sessions zeigte: KI ist keine Zukunftsvision mehr, sondern Gegenwart – und sie braucht Gestaltung. Die MEDIENTAGE boten dafür ein beeindruckendes Forum. Gleichzeitig wurde klar: Medienunternehmen, Redaktionen und Kreativteams müssen sich neu aufstellen – technisch versiert, inhaltlich reflektiert und ethisch orientiert.
Ein wichtiger Impuls für die Branche kam von der Hochschule für Fernsehen und Film München (HFF): Ab dem 1. Dezember 2025 ist der neue Master-Studiengang „Serial Storytelling: Created by AI & I“ offen für Bewerbungen. Der viersemestrige Studiengang verbindet klassische Erzählkunst mit digitalen Werkzeugen, wobei der Mensch im Zentrum steht – KI wird als Werkzeug verstanden, nicht als Ersatz.
Wer sich ab 1.12.2026 bewerben möchte, findet alle Infos auf der Website der HFF Munich.
Der neue Masterstudiengang zeigt exemplarisch, wie die Medien- und Kreativbranche auf die KI-Revolution reagiert: Nicht nur mit Technik, sondern mit Bildung, Reflexion und Verantwortung.
Die MEDIENTAGE 2025 haben damit ein vielstimmiges Bild gezeichnet: Die Zukunft der Medien ist nicht vorgegeben – sie wird gemacht.
Mit allen Chancen und Risiken. Und sie braucht Menschen, die vermitteln, gestalten und verantworten. Denn eines wurde klarer denn je: Stillstand ist keine Option mehr.

